Tja, bekommen wir das Klima / unsere Umwelt noch (vor uns) gerettet?
Ich denke nicht!
Kurzbegründung: Wir können schlicht nicht anders, als immer mehr herzustellen und zu verbrauchen. Wir nehmen immer mehr natürliche Stoffe wie Erdöl oder Eisenerz und wandeln sie mit viel Energie in immer mehr unnatürliche, schadhafte, schwer abbaubare Dinge wie Plastik oder Autos um. Das ist die DNA unserer globalen Weltwirtschaft und unserer wachsenden Konsumgesellschaft. Mittlerweile müsste man alle Menschen dieser Erde auf die Waage stellen, um die jährliche Produktion an Plastik aufzuwiegen. Die Masse von Menschenhand hergestellter Objekte (also auch Häuser etc.) hat sich in den vergangenen 100 Jahren alle 20 Jahre verdoppelt, so eine aktuelle Studie. Alles, was wir herstellen und nutzen, verbraucht Energie. Das fördert den CO2 Ausstoß.
Was aktuell passiert ist ein Wettlauf: Wir versuchen, mehr Energie mit weniger CO2 zu erhalten. Deshalb auch Elektroautos. Unser Ziel: Die Erderwärmung zu stoppen und UNS vor Wirbelstürmen, Hochwasser etc. zu schützen.
Wir versuchen nicht, weniger herzustellen und zu konsumieren und so die Umwelt an sich weniger zu beanspruchen..
Ist das schlimm?
Für uns: Nein, denn wir finden immer Wege, uns anzupassen.
Für unsere Natur: Jein, denn sie findet immer Wege, sich anzupassen.
Jetzt noch etwas Prosa …
Wir interessieren uns erst wirklich für etwas und ändern unser Verhalten, wenn es einen persönlichen Bezug gibt. Und oft auch dann nicht. Mikroplastik in den Meeren ist nichts Reelles für uns. Also füllen wir fröhlich weiter gelbe Säcke mit Massen an Verpackung. Erst kürzlich meldete das Umweltbundesamt einen erneuten Rekord: Jeder einzelne Bürger produzierte rechnerisch 227,5 Kilogramm Verpackungsabfall im Jahr! 227,5 Kilogramm!
Wir produzieren in den letzten Jahren nicht weniger, sondern mehr Müll. Und wer weiß, wie die Zahl für 2020 mit den Lockdown-bedingten millionenfachen Take-away Essen und Getränken aussehen wird. Und das sind die Zahlen von uns vorbildlichen Deutschen. Wenn man schaut, wie andere Ländern scheinbar sorglos Einwegplastik rausballern und selbst Grundnahrung wie Wasser komplett aus Einwegplastik beziehen, tja, dann dürfte unser Plastikproblem wohl eher größer werden. Das ist exemplarisch für unsere Konsumgesellschaft. Auch Kleidung hat keinen Wert mehr und wird gekauft und weggeschmissen, wenn man für 10 Euro im Billoladen Jeans, Pulli, Jacke bekommt. Sneaker dreckig – ab in die Tonne!
Wir suchen unser Glück in Dingen und Aktivitäten. Alles soll angenehm für uns sein und irgendein Bedürfnis befriedigen. Ob zuhause, im Pauschal-Urlaub, beim Campen, beim Radeln, im Auto, der Beziehung, im Museum oder Facebook. Wir sagen überall Ja zu mehr Komfort, zu mehr Preis-/Leistung, zu mehr Image. Ja zum größeren Kühlschrank (geil mit integrierter Eiswürfelmaschine), ja zum schicken Küchenschnickschnack, ja zur fetten Zeltausstattung und zum Camper, ja zu mehr erlesenen Getränken – gern aber alles irgendwie nachhaltig und fair.
Und unsere Kinder sollen auch glücklich sein und möglichst alles machen können und bekommen. Ist ja auch alles gar nicht so teuer.
Haben wir heute weniger Autos? Nein!
Verbrauchen wir weniger Strom? Nein!
Verursachen wir weniger Müll? Nein, sogar mehr!
Machen wir bewusst irgendwelche echten Einschränkungen? Die wenigsten Menschen auf der Welt!
Aber es gibt Hoffnung … Es gibt heute viel mehr Bio, Autos tanken zukünftig nur noch grünen Strom, Plastik wird recyclebar und die urbanen Fridays for Future-Kids sind eh besser drauf. Aber unser global menschlicher Masterplan bleibt materiell und verlangt nach mehr und neuem.
Nehmen wir mal China. Die 1,4 Milliarden Chinesen werden immer erfolgreicher, wollen nicht mehr tristes Dorfleben und morgens-mittags-abends immer nur Reisschale, sondern auch Wohlstand, auch schicke Autos und richtig viel gutes Schweinefleisch mampfen. Sie verlangen Ihr Recht auf Konsum und materiellen Wohlstand.
Gut für uns! Wir haben die tollen Maschinen, um den Wohlstand in China mit zu produzieren. Wir haben auch die coolen Autos. Und wir haben tipptopp gezüchtete Qualitätsschweine. Die hat der Holländer leider auch.
Damit der Schweine-Preis stimmt, kaufen wir Soja-Futter in Brasilien, denn da kostet es dank gerodeter Wälder richtig wenig. Unsere Schweinefabriken können es leider nicht fair oder woanders kaufen, denn dann kaufen die Chinesen die Sau beim Holländern. Und die armen Schweinebauern in Schleswig Holstein und die ganze Tönnies-Schlachter-Crew säße auf der Straße. Das geht gar nicht – Greta hin, Amazonas her.
Wer ist jetzt hier der Böse? Der Chinese, für den Schweinefleisch essen Glück bedeutet? Der deutsche Schweinebauer, der Soja billig in Brasilien kaufen muss? Der Brasilianer, der den Regenwald abholzt, weil es sonst keine Arbeit/Perspektive gibt?
Der globale Wirtschaftsmotor ist einfach scheiß vertrackt-vernetzt-komplex. Wir können China als größte CO2-Schleuder nicht anprangern, wenn die ganze Welt gleichzeitig von Chinas Wirtschaftspower und dem Wachstumshunger abhängig ist. Wenn China schwächelt, sieht´s überall auf der Welt düster aus. Börsencrash, Arbeitslosigkeit, Angst, radikale Parteien, Abschottung, Krieg – das volle Programm.
Und das ist auch die Crux: Die DNA der Weltwirtschaft ist „auf Volltouren zu laufen“ und immer mehr Output und Innovationen zu liefern. Alle Unternehmen haben nur ein Ziel: wachsen, mehr!
Beispiel: Ich war mit meiner 10 Gbyte Internetleitung sehr zufrieden. Alles lief. Dann (Vertrag zu Ende) die gute Nachricht: Ich kann jetzt auf die fette 100Gbyte-Leitung upgraden und locker 4K streamen.
Ich: „Aber ich bin doch auch ohne 4K glücklich!“
Anbieter: „OK, dann bekommen Sie die 100 Gbyte trotzdem, mal testweise, und noch einen neuen, schnelleren Router dazu. Der alte kann eh nur bis 20 Gbyte und wird nicht mehr lange unterstützt.“
Die Telekomanbieter müssen immer mehr bieten, um zu überleben.
Und die Fernsehhersteller und die Unterhaltungsindustrie hängt
da mit drin. Und damit auch deren Zulieferer.
Anderes Beispiel: Alle Hersteller (alle!) basteln gerade mit Vollgas an selbstfahrenden Autos rum. Damit die auch selbstfahren braucht es überall schnelle Verbindungen, schnelles Internet. Der wirklich visionäre, unglaubliche Super-Typ Elon Mask schießt dafür mit seiner Firma Starlink Satelliten in die Umlaufbahn. 900 fliegen schon. Aber sind die bis 2027 geplanten 12.000 neuen Starlink -Satelliten (langfristig 40.000) in der Umlaufbahn eine gute Sache? Darf eine Firma oder ein Land einfach so extreme Eingriffe im Weltraum machen? Und brauchen wir überhaupt selbstfahrende Autos? Wofür nochmal genau? Wie tragen selbstfahrende Autos zu unserem Glück und einer besseren Welt bei?
Egal! Denn die Satelliten sind schon genehmigt und unterwegs (wirklich sehr schön ab und an als Perlen im Nachthimmel zu sehen) und liefern uns sehr bald schnelles Internet. -> Tagesschau Artikel vom 18.12.
Autonome Autos, Taxidrohnen und sonstiger neuer Kram wird bald kommen.
B: Warum?
A: Weil Unternehmen einfach neuen Kram entwickeln und verkaufen müssen. Und wir müssen unseren Teil dazu beitragen, dass das funktioniert. Das nennt sich Wertschöpfung. Unsere Jobs hängen davon ab, diesen Wirtschaftsmotor am Laufen zu halten.
Und wir glauben irgendwann auch, dass wir den neuen Kram brauchen:
„Ja geil, endlich ein selbstfahrenden Tesla – den brauch ich zum Glück!“
Oder wir gewöhnen uns einfach dran:
„Ok, jetzt fährt halt das Auto von selber.“
So beschäftigen wir uns den lieben langen Tag mit immer neuen Innovationen, die unsere Aufmerksamkeit wollen, daddeln auf Apps rum, informieren uns, kommunizieren, bestellen und retournieren und optimieren unser Leben fröhlich irgendwohin. Konsumverzicht in allen Bereichen könnte vielleicht das Beste und vielleicht auch das einzige Mittel sein, um unser Wirtschaftsmotor zu drosseln und das Klima und die Natur weniger zu belasten. Aber es geht uns dabei nicht gut, es stört den Motor, das zeigt doch die aktuelle Corona-Zwangspause. Wir wollen keine Einschränkungen! Auch nicht der Natur zuliebe. Wir wollen auch lieber große Autos, als kleine. Das zeigen die Verkaufszahlen. Wo ist denn das kleine 3 Liter Auto hin? Oder wo der McDonald´s Burger aus Biofleisch? Wer sagt schon Nein zu mehr Luxus? Nein zur 100 Gbyte Leitung? Nein zum attraktiven Job mit mehr Geld und Verantwortung? Nein zu neuen Kunden oder mehr Umsatz?
Verzicht trägt weder zu unserem Selbsterhalt noch zur Fortpflanzung bei. Warum also?
Und - nicht zu vergessen - die Hälfte der Weltbevölkerung ist eher arm und hat noch ordentlich Konsumaufholbedarf. Die brauchen noch alles, was wir längst haben. Das vergisst man leicht in unserem reichen Land.
Tja, und so ackern wir im Homeoffice, eiern durch diese schräge Zeit des kleinen Verzichts und hoffen auf ein möglichst schnelles Ende. Endlich wieder grenzenlos das tun, worauf wir Lust haben.
Und da bin ich auch schon am Ende.
Bekommen wir das Klima / unsere Umwelt noch (vor uns) gerettet?
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